Pneumokokken-Infektion
Pneumokokken sind Bakterien, die viele Kinder und Erwachsene unbemerkt im Nasen-Rachen-Raum mit sich herumtragen. Sie verursachen oft keinerlei Symptome. Manchmal lösen sie aber auch Mittelohrentzündungen, Nasennebenhöhlenentzündungen und sogar gefährliche Krankheiten wie Lungenentzündung, Blutvergiftung und Hirnhautentzündung aus. Ein wirksames Mittel gegen Pneumokokken-Infektionen sind Antibiotika. Ausserdem kann man sich und andere durch eine Impfung vor Pneumokokken schützen. Lesen Sie alles Wichtige über Pneumokokken!
Kurzübersicht
- Beschreibung: Pneumokokken sind Bakterien aus der Familie der Streptokokken und häufige Erreger verschiedener Erkrankungen.
- Pneumokokken-Erkrankungen: z.B. Mittelohrentzündung, Nasennebenhöhlenentzündung, Lungenentzündung, Blutvergiftung (Sepsis), Hirnhautentzündung
- Symptome: Je nach Erkrankung z.B. Fieber und Ohrenschmerzen bei Mittelohrentzündung, Kopfschmerzen und Schnupfen bei Nasennebenhöhlenentzündung, Fieber, Schüttelfrost und Husten mit Auswurf bei Lungenentzündung
- Übertragung: Ansteckung durch Tröpfcheninfektion. Erwachsene stecken sich häufig bei kleinen Kindern an.
- Behandlung: in leichten Fällen symptomatisch, etwa mit Schmerzmitteln oder abschwellenden Nasensprays; in schweren Fällen oder bei ausbleibender Besserung Antibiotika
- Vorbeugung: durch Hygiene und Impfung
Was sind Pneumokokken?
Pneumokokken (Streptococcus pneumoniae oder S. pneumoniae) sind Bakterien, die verschiedene Krankheiten verursachen können. So gelten sie als häufigste Erreger von Lungenentzündungen, bakteriellen Hirnhautentzündungen bei Erwachsenen und bakteriellen Infektionskrankheiten wie Mittelohrentzündungen bei Kindern.
Pneumokokken gehören zu den Streptokokken. Das ist eine grosse Bakteriengattung, zu der auch andere Krankheitserreger gehören, darunter die Gruppe-A-Streptokokken (z.B. Streptococcus pyogenes) und die Gruppe-B-Streptokokken (z.B. Streptococcus agalactiae).
Es gibt mehr als 90 Untergruppen (sogenannte Serotypen) von Pneumokokken. Nicht alle sind für den Menschen gleich gefährlich: Beispielsweise lässt sich die Mehrzahl aller Pneumokokken-bedingten Hirnhautentzündungen weltweit auf nur 23 Serogruppen des Erregers zurückführen.
Erkrankungen durch Pneumokokken
Pneumokokken siedeln sich häufig schon im Säuglingsalter auf den Schleimhäuten des Nasen-Rachen-Raumes an. In vielen Fällen verursachen sie keine Symptome. Die Bakterien können aber auch vor Ort oder nach Einwandern in andere Körperregionen zum Teil schwere Infektionen auslösen.
Erkrankungen durch Pneumokokken sind etwa:
- Mittelohrentzündung (Otitis media)
- Mastoiditis (Entzündung des Warzenfortsatzes des Schläfenbeins – eine häufige Komplikation der Mittelohrentzündung)
- Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis)
- Bindehautentzündung (Konjunktivitis)
- Lungenentzündung (Pneumonie)
Besonders gefährlich sind sogenannte invasive Pneumokokken-Erkrankungen (IPD, engl. für invasive pneumococcal disease). Dabei breiten sich die Bakterien in ansonsten sterilen Körperflüssigkeiten (wie Blut, Nervenwasser) aus.
Gelangen Pneumokokken beispielsweise in den Blutkreislauf (Bakteriämie), kann eine lebensbedrohliche Sepsis (Blutvergiftung) entstehen.
Ausserdem sind Pneumokokken Haupterreger einer bakteriellen Hirnhautentzündung (Meningitis). Dabei birgt die Pneumokokken-Meningitis ein höheres Risiko für einen tödlichen Verlauf oder bleibende Schäden als andere bakterielle Hirnhautentzündungen.
Seltener lösen Pneumokokken beispielsweise folgende Krankheiten aus:
- Knochenmarkentzündung (Osteomyelitis)
- Entzündung der Herzinnenhaut (Endokarditis)
- Herzbeutelentzündung (Perikarditis)
- Bauchfellentzündung (Peritonitis)
- Septische Arthritis (entzündliche Gelenkerkrankung)
- Neugeborenensepsis (Sonderfall der Blutvergiftung)
- Weichteilinfektionen (z.B. der Muskeln oder des Bindegewebes)
Erhebungen deuten darauf hin, dass in Europa bis zu 20 von 100.000 Menschen pro Jahr neu an einer IPD erkranken.
Pneumokokken-Infektion: Wer ist besonders gefährdet?
Ansonsten gesunde Menschen überstehen eine Pneumokokken-Infektion in der Regel ohne Komplikationen. Säuglinge und Kleinkinder, aber auch immungeschwächte und ältere Personen ab 60 Jahren haben dagegen ein erhöhtes Risiko, durch Pneumokokken schwer zu erkranken.
Weitere Risikofaktoren für schwere Krankheitsverläufe sind zum Beispiel:
- Diabetes
- Rauchen
- chronische Lungenerkrankungen
- Alkoholmissbrauch
- HIV-Infektion
- Sichelzellanämie
- Krebserkrankungen wie Multiples Myelom oder Leukämie
Pneumokokken-Infektion: Symptome
Nicht immer verursachen Pneumokokken Symptome. Wenn Beschwerden auftreten, dann in der Regel ein bis drei Tage nach der Ansteckung (Inkubationszeit).
Je nachdem, welche Erkrankung die Pneumokokken verursachen, unterscheiden sich auch die Symptome:
Symptome bei Mittelohrentzündung
Verursachen Pneumokokken Symptome wie heftige Ohrenschmerzen, Rauschen oder Druck auf den Ohren, steckt sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern häufig eine Mittelohrentzündung dahinter. In vielen Fällen geht einer solchen Otitis media ein viraler Atemwegsinfekt – zum Beispiel eine Erkältung – voraus.
Mehr darüber lesen Sie im Beitrag Mittelohrentzündung – Symptome.
Symptome bei Mastoiditis
Eine häufige Komplikation der Mittelohrentzündung ist die Mastoiditis. Dabei gelangen die Pneumokokken in das sogenannte Mastoid, den Warzenfortsatz des Schläfenbeins hinter dem Ohr. Dort lösen sie dann eine Entzündung aus.
Diese äussert sich beispielsweise durch eine schmerzhafte Schwellung, Fieber und vermindertes Hörvermögen. Es können jedoch auch unspezifische Beschwerden wie Kopf- oder Bauchschmerzen auftreten.
Mehr dazu erfahren Sie unter Mastoiditis – Symptome.
Symptome bei Nasennebenhöhlenentzündung
Die Nasennebenhöhlenentzündung gehört zu den häufigsten Atemwegserkrankungen. Und Pneumokokken zählen zu ihren häufigsten Ursachen.
Die Entzündung der Schleimhäute in den Nasennebenhöhlen (etwa Stirnhöhlen, Kieferhöhlen) löst typischerweise Schnupfen, Kopfschmerzen und ein Druckgefühl im Kopf aus.
Welche Beschwerden noch möglich sind, lesen Sie unter Nasennebenhöhlenentzündung – Symptome.
Symptome bei Bindehautentzündung
Wenn Pneumokokken (oder andere Erreger) eine Bindehautentzündung (Konjunktivitis) hervorrufen, macht sich das vor allem durch gerötete und tränende Augen bemerkbar. Oft berichten Betroffene auch von Juckreiz und Schmerzen im Bereich des erkrankten Auges.
Weitere Anzeichen einer Konjunktivitis finden Sie unter Bindehautentzündung – Symptome.
Symptome bei Lungenentzündung
Einer ambulant (also ausserhalb des Krankenhauses) erworbenen Lungenentzündung geht häufig ein viraler Atemwegsinfekt voraus. Schüttelfrost, hohes Fieber, Husten mit Auswurf und Schmerzen im Brustfell (Pleura) deuten auf die Pneumonie hin.
Mehr dazu lesen Sie unter Lungenentzündung – Symptome.
Eine häufige Komplikation der Lungenentzündung ist der Pleuraerguss. Dabei sammelt sich Flüssigkeit zwischen Lunge und Brustkorb. Das löst beispielsweise Husten, Schmerzen und Atemnot aus.
Symptome bei Meningitis
Eine Pneumokokken-Meningitis beginnt oft zunächst wie eine Grippe: Die Betroffenen leiden zum Beispiel unter hohem Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Übelkeit und Erbrechen.
Im weiteren Verlauf ist die schmerzhafte Nackensteifigkeit ein typisches Anzeichen für eine Hirnhautentzündung.
Mehr über die Anzeichen lesen Sie unter Meningitis – Symptome.
Suchen Sie bei Verdacht auf eine Meningitis umgehend ärztliche Hilfe!
Symptome bei Sepsis
Wandern die Pneumokokken ins Blut, entsteht zunächst eine Bakteriämie (was nichts anderes bedeutet, als dass sich Bakterien im Blut befinden). Sie verursacht nicht immer Symptome und führt auch nicht in jedem Fall zu einer lebensbedrohlichen Blutvergiftung.
Wenn sich aber eine Sepsis entwickelt, macht sich das bemerkbar mit:
- hohem Fieber und oft auch Schüttelfrost
- schneller Atmung
- Herzrasen (Tachykardie)
- niedrigem Blutdruck
- schlechtem Allgemeinzustand
- kognitiven Störungen wie Wahrnehmungs- oder Gedächtnisprobleme.
Unbehandelt kann eine Blutvergiftung zum Kreislaufzusammenbruch und septischen Schock führen.
Mehr über diese und weitere Anzeichen einer Sepsis lesen Sie unter Blutvergiftung – Symptome.
Alarmieren Sie bei Verdacht auf eine Blutvergiftung umgehend den Rettungsdienst!
Pneumokokken sind nicht die einzige mögliche Ursache für die genannten Krankheiten. Ob sie wirklich der Auslöser sind, lässt sich nur feststellen, indem man in Patientenproben (z.B. Blutprobe, Abstrich) nach Pneumokokken sucht.
Pneumokokken-Infektion: Übertragung
Pneumokokken werden durch Tröpfcheninfektion übertragen: Wenn Infizierte sprechen, niesen oder husten, gelangen winzige Sekrettröpfchen mit den Keimen in die Luft.
Entweder landen sie direkt auf den Schleimhäuten einer anderen Person (etwa, wenn man jemanden anhustet) oder andere Menschen atmen die infektiösen Tröpfchen ein. Auf diese Weise werden Pneumokokken übertragen.
Nicht nur Menschen mit Krankheitssymptomen sind potenziell ansteckend. Auch gesunde Personen können die Bakterien in sich tragen und andere damit infizieren.
Eine Pneumokokken-Ansteckung bei Erwachsenen erfolgt häufig durch den Kontakt mit kleinen Kindern. Bei diesen siedeln sich Pneumokokken vermehrt im Rachen an, ohne Beschwerden auszulösen.
Wer kleine Kinder betreut, kann sich also leicht bei ihnen anstecken. Besonders für immungeschwächte oder ältere Menschen (etwa die Grosseltern) kann dies gefährlich werden, da sie ein erhöhtes Risiko für invasive Pneumokokken-Infektionen haben.
Wird eine Pneumokokken-Infektion mit Antibiotika behandelt, sind die Betroffenen in der Regel nach 24 Stunden nicht mehr ansteckend.
Pneumokokken-Infektion: Behandlung
Leichte Pneumokokken-Infektionen können meist symptomatisch behandelt werden. Es genügt also, die Beschwerden zu behandeln. Bei einer Mittelohrentzündung oder einer Nasennebenhöhlenentzündung kommen dafür beispielsweise Schmerzmittel und abschwellende Nasensprays zum Einsatz.
Antibiotika gegen Pneumokokken
Bessert sich der Zustand nicht oder verläuft die Pneumokokken-Infektion schwer, sind Antibiotika das Mittel der Wahl. Pneumokokken reagieren sehr empfindlich auf diese Arzneimittel. Die Pneumokokken-Therapie mithilfe von Antibiotika kann die Krankheitsdauer verkürzen und schwere Verläufe verhindern.
Meist setzen Ärztinnen und Ärzte gegen Pneumokokken ein Breitbandantibiotikum aus der Wirkstoffgruppe der Beta-Laktam-Antibiotika ein (etwa Cephalosporine, Penicillin). Welches Antibiotikum genau gegen Pneumokokken Anwendung findet, hängt von verschiedenen Faktoren ab.
Bei der Auswahl berücksichtigen Mediziner unter anderem Vorerkrankungen des Patienten oder regional verbreitete Antibiotikaresistenzen – wie eine Penicillinresistenz. Eine solche Resistenz bei Pneumokokken ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz derzeit jedoch selten.
Schnelle Behandlung bei invasiven Erkrankungen
Eine invasive Pneumokokken-Erkrankung müssen Mediziner rasch behandeln. Insbesondere bei bakterieller Meningitis und Sepsis sollte die Antibiotikatherapie so schnell wie möglich beginnen – idealerweise innerhalb einer Stunde nach der Diagnose! So lässt sich ein schwerer und manchmal tödlicher Verlauf am besten verhindern.
Pneumokokken-Infektion: Vorbeugung
Um sich und andere vor einer Ansteckung mit Pneumokokken zu schützen, helfen die üblichen Hygienemassnahmen wie regelmässiges Händewaschen.
Bei einem viralen Atemwegsinfekt kann sich zusätzlich leicht eine bakterielle Infektion – etwa mit Pneumokokken – entwickeln (bakterielle Superinfektion). Um dem vorzubeugen, bleiben Sie während einer Infektion der Atemwege besser zu Hause und schränken Ihre Kontakte zu anderen Menschen ein, bis Ihre Symptome deutlich abgeklungen sind. Suchen Sie gegebenenfalls Ihre Hausärztin oder Ihren Hausarzt auf.
Impfung gegen Pneumokokken
Eine der wichtigsten Waffen gegen Pneumokokken ist die Impfung. Auf den als Spritze verabreichten Impfstoff reagiert das Immunsystem mit der Bildung spezifischer Abwehrstoffe (Antikörper). Diese gehen bei einem späteren Kontakt mit „echten“ Pneumokokken sofort gegen die Eindringlinge vor.
Wer geimpft ist, schützt aber nicht nur sich selbst vor einer (schweren) Pneumokokken-Infektion, sondern auch all jene, die sich aus verschiedenen Gründen nicht gegen Pneumokokken impfen lassen können. Experten empfehlen die Pneumokokken-Impfung bereits für Säuglinge ab zwei Monaten.
Wer sich noch gegen Pneumokokken impfen lassen sollte, erfahren Sie im Artikel über die Pneumokokken-Impfung.
Autoren- & Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
- Barth Reller L. et al.: Laboratory Diagnosis of Invasive Pneumococcal Disease, in: Clinical Infectious Diseases 2008; Volume 46, Issue 6, 926–932; doi: 10.1086/528798
- European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC): Factsheet about pneumococcal disease, unter www.ecdc.europa.eu (Abrufdatum: 13.06.2023)
- Guideline der Schweizerischen Gesellschaft für Infektiologie: Infektiologie – Therapieempfehlungen, unter: www.medix.ch (Abrufdatum: 15.06.2023)
- Heininger, U. et van der Linden, M.: Pneumokokken-Infektionen: aktueller Stand und Impfprävention, in: Pädiatrie up2date 2017; 12(04): 319-330; doi: 10.1055/s-0043-115301
- Leitlinie der Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN): Ambulant erworbene bakterielle Meningoenzephalitis im Erwachsenenalter, Stand: April 2023, unter: www.awmf.org (Abrufdatum: 13.06.2023)
- Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie u. Beatmungsmedizin (DGP) et al.: Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie, Stand: April 2021, unter: www.awmf.org (Abrufdatum: 13.06.2023)
- Leitlinie der Deutschen Sepsis Gesellschaft (DSG) et al.: Sepsis – Prävention, Diagnose, Therapie und Nachsorge, Stand: Dezember 2018, unter: www.awmf.org (Abrufdatum: 13.06.2023)
- Neumeister, B. et Böhm, B.O.: Klinikleitfaden Labordiagnostik, Urban & Fischer Verlag / Elsevier, 6. Auflage, 2018
- Österreichisches Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz sowie Nationales Impfgremium: "Impfplan Österreich 2023" (Version 1.1 vom 23.12.2022), unter: www.sozialministerium.at (Abrufdatum: 15.06.2023)
- Robert-Koch-Institut: Epidemiologisches Bulletin 8/2023, unter: www.rki.de (Abrufdatum: 13.06.2023)
- Robert-Koch-Institut: Schutzimpfung gegen Pneumokokken: Häufig gestellte Fragen und Antworten, unter: www.rki.de (Abrufdatum: 13.06.2023)
- Schweizerische Eidgenossenschaft: Schweizerischer Impfplan 2023, unter: www.bag.admin.ch (Abrufdatum: 15.06.2023)
- Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin: Schweizerischer nationaler Aktionsplan gegen Sepsis, unter: unter www.sgi-ssmi.ch (Abrufdatum: 15.06.2023)
- Uniklinik RWTH Aachen: Den Streptokokken auf der Spur – 25 Jahre Infektionsüberwachung in Aachen, unter: www.ukaachen.de (Abrufdatum: 13.06.2023)
- Weltgesundheitsorganisation (WHO): Pneumonia, unter www.who.int (Abrufdatum: 13.06.2023)